Wenn die Latte zu hoch gelegt wird

Kranus Edera Penisgröße und Erektionsstörungen

Der Zusammenhang von Penisgröße und erektiler Dysfunktion

Wer kennt nicht die geradezu klischeebehafteten Spam-Mails mit wahrhaft großen Versprechungen “Mit diesem WUNDERMITTEL gewinnen Sie 5cm! 50% RABATT NUR HEUTE!” oder fast schon poetischen Fragen wie “Fühlen Sie sich wie ein Riese neben dem Zwerg in Ihrer Hose?”

Auch wenn man es nicht immer zugeben will, so ist die Länge des Penis doch für viele Männer identitätsstiftend. Für viele steht sie für Männlichkeit, ein "Alphatier" zu sein, die nicht zu übersehende Bestätigung, ein guter Liebhaber zu sein oder schlichtweg Dominanz. Und wenn zur allgemeinen Unsicherheit mit dem eigenen Körper noch eine schwindende Erektionsfähigkeit kommt, geraten schon so manche in Panik. Doch gibt es tatsächlich einen Zusammenhang zwischen der Penisgröße und der erektilen Dysfunktion?    

Es kommt nicht auf die Größe an - oder etwa doch?

Direkt zum Einstieg mal ein Fun Fact aus dem Tierreich: Die Penislänge der männlichen Schwarzkopfruderente Oxyura jamaicensis ist davon abhängig, ob die Tiere paarweise oder in Gruppen leben. Im Fall einer Konkurrenz mehrerer Männchen um ein Weibchen wächst, quasi kompetitiv, ihr Penis. Hierbei geht es weniger um die Steigerung des Lustempfindens des Weibchens (was ja nett und selbstlos wäre), sondern vielmehr um die Steigerung der augenscheinlichen Attraktivität (weniger nett und selbstlos).

Offensichtlich sind Menschen nicht in der Lage, ihren Penis auf Kommando wachsen zu lassen, es gibt jedoch zahlreiche Vertreter unserer Spezies, die es sich sehnlichst wünschen würden. Und ja, nun werden bereits die Stimmen laut, dass es nicht auf die Größe ankommt, sondern auf die Technik! Und ja, dem stimmen wir definitiv zu. Nichtsdestotrotz definieren zahlreiche Männer sich und/oder ihre Männlichkeit über die Größe ihres “besten Stückes”. Der übermäßige Medien- und vor allem Pornokonsum hilft dabei nicht, er verschlimmert das Problem eher noch. Nachvollziehbar, denn wie soll man mit den prallen Gemächten der Darsteller, die dazu noch stundenlang penetrativen Sex durchziehen, konkurrieren? Nun, zum einen indem man sich bewusst macht, dass die Darstellung ziemlich sicher gefaket wurde. Und zum anderen, indem man sich mal ernsthaft mit seiner Penisgröße auseinandersetzt. 

Die Penislänge des deutschen Mannes

Zu klein, zu schmal, zu irgendwas. Wir tendieren dazu, schnell etwas an uns auszusetzen zu haben. Der ewige Vergleich bringt aber niemandem was (außer vielleicht den Produzenten dubioser Penisverlängerungspillen). Die durchschnittliche Penisgröße im schlaffen Zustand liegt in Deutschland bei 8,6 cm, eine Verteilung im erigierten Zustand ist in der Abbildung oben zu sehen. 

Selbst wenn es im Vergleich für einen selbst so wirken kann, ist die Wahrscheinlichkeit einen Mikropenis zu haben recht gering. Der Mikropenis ist eine Störung der Geschlechtsentwicklung und beschreibt einen anatomisch ungewöhnlich kleinen Penis. Das zugrundeliegende Problem ist die Größe des Penis selbst und hat nicht mit der umgebenden und darüber liegenden Haut zu tun. Beim Erwachsenen wird von einem Mikropenis gesprochen, wenn er eine erigierte bzw. gestreckte Länge von weniger als 7 cm aufweist. Es wird geschätzt, dass ein Mikropenis bei unter 2% der Männer vorkommt. Wichtig ist hier eine Unterscheidung zum “buried penis” (“vergrabener” Penis). Dieser wird manchmal fälschlicherweise als Mikropenis identifiziert, jedoch liegt hier schlichtweg eine Adipositas oder Übergewicht bei den Betroffenen vor. Dadurch wird der Penis schlechter sichtbar und wird vom Bauchfett “versteckt”. 

Im Mittelpunkt der Behandlung bei einem Mikropenis steht eine Testosterontherapie (direkte Verabreichung oder Anregung der körpereigenen Produktion), und die Langzeitergebnisse in Bezug auf die Zunahme der Penislänge sind vielversprechend. Die rekonstruktive Chirurgie basiert auf der Verwendung eines Gefäßstiel-Lappen und ist Patienten vorbehalten, die auf eine hormonelle Behandlung nicht ansprechen.

Obwohl es an aussagekräftigen Langzeitstudien und -daten mangelt, scheinen erwachsene Patienten mit Mikropenis zwar über ihre Unzufriedenheit mit dem Aussehen des Penis zu berichten, die Mehrheit scheint jedoch eine angemessene sexuelle Funktion zu haben.

Er ist zu klein, deshalb steht er nicht? Nicht ganz.

Gibt es einen Zusammenhang zwischen Penislänge und Erektionsstörung? Jein. Schauen wir uns dazu einige Daten an.

Innerhalb einer Studie wurden 689 gesunde Männer, die durchschnittlich 60 Jahre alt und mit einem BMI von 28 größtenteils übergewichtig waren, analysiert. Nach Eigeneinschätzung gaben 11% der Männer an, eine schwere erektile Dysfunktion zu haben, ebenso viele eine moderate und weitere 16% gaben an, eine leichte erektile Dysfunktion vorliegen zu haben. Der Großteil gab an, nicht an erektiler Dysfunktion zu leiden, insgesamt 62%. Von den befragten Männern klagten 10% über einen zu kleinen Penis. Die Krux an der Sache: Die Durchschnittsgröße bei diesen 10% betrug 12,9 cm und somit gerade mal 0,6 cm weniger als die Durchschnittsgröße der Männer, die mit ihrer Größe zufrieden waren. Ein erstes Indiz dafür, dass die Größe vor allem im Kopf definiert wird und nicht von den tatsächlich vor uns liegenden Tatsachen (oder Penissen).

Spannend wurde es nun im nächsten Schritt: Nachdem weitere Begleitfaktoren berücksichtigt wurden, konnte festgestellt werden, dass Männer, die ihren Penis für zu klein hielten, deutlich häufiger an einer erektilen Dysfunktion litten als Männer, die ihre Größe normal einschätzten. Nur unter den Teilnehmern, bei denen ein Testosteronmangel vorlag, die Glukosewerte über 126 mg/dl lagen oder deren Alter über 65 lag, konnte häufiger eine erektile Dysfunktion festgestellt werden. Männer mit einer schweren Erektionsstörung waren zudem häufiger überzeugt, einen zu kleinen Penis zu haben, trotz dass dies objektiv im Vergleich nicht stimmte, wie bereits zuvor erwähnt.   

Was können wir nun daraus schließen? Nun, leider sind wir unser eigener schlimmster Feind. Der Glaube an einen zu kleinen Penis kann die erektile Funktion hinreichend beeinflussen. Es ist nichts neues, dass psychischer Stress und Druck die Potenz beeinflussen und mindern können. Wer eh schon ängstlich oder unsicher aufgrund seiner Physis ist, setzt sich selbst noch mehr unter Druck, wenn es um sexuelle Intimität geht. Zudem steht die These im Raum, dass Männer mit erektiler Dysfunktion ihre unterdurchschnittliche Penisgröße als Ausrede für ihre Krankheit nehmen. Hier ist jedoch kein zwangsläufiger Zusammenhang festzustellen.

Produktwahnsinn durch Penispanik

So lange es das Internet gibt, gibt es auch Werbung für Produkte rund um den Penis. Fragwürdige rezeptfreie Pillen zur Erektionsverbesserung, technische Hilfsmittel wie Penisstrecker und Vakuumpumpen sowie dubiose Haushaltstipps (Nein, Hafer oder Ginseng helfen nicht auf Wunderweise einen großen Penis wachsen zu lassen. Sie können allerdings helfen, die Durchblutung anzuregen.). Je länger man sich durch den wilden Werbedschungel kämpft und Wundermittel um Wundermittel durchforstet, desto klarer wird einem, dass hier vor einem eine Sache größer wird: Der Geldbeutel anderer. 

Wer tatsächlich unter einem Mikropenis leidet, kann, wie bereits erwähnt, in Absprache mit seinem Urologen oder seiner Urologin eine Testosterontherapie oder anderweitige Behandlungsmethoden anstreben. Produkte wie Penisstrecker sind nicht zu empfehlen. Allein die Handhabung klingt nervig: Mithilfe eines um den Bauch geschnallten Streckgurtes, an dem ein Stretchkondom gebunden ist, soll der Penis über die Tragezeit von 6-12 Stunden am Tag (!) gestreckt werden. Angeblich konnte eine Verlängerung von bis zu 1,5 cm im schlaffen Zustand über eine Tragezeit von insgesamt sechs Monaten (!) festgestellt werden. Diese Daten sind jedoch mit Vorsicht zu genießen, denn mögliche Verletzungen, beispielsweise an der Harnröhre, wurden nicht untersucht. 

Es kann also nicht oft genug darauf hingewiesen werden, keine Angebote von zweifelhafter Herkunft und Versprechungen des Himmels anzunehmen. Deutlich sinnvoller ist es, sich in Ruhe mit dem Thema auseinanderzusetzen und höchstwahrscheinlich in der Realität die nötigen Ansätze zu finden, Frieden mit sich und seiner Penisgröße zu schließen.

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