“Mit der richtigen Frau hat man keine Erektionsstörungen”

Kranus Edera: Frutriertes Paar im Raum

Die Schuldfrage bei erektiler Dysfunktion

Erektionsstörungen können aus den unterschiedlichsten Gründen auftreten. Ob psychischer oder körperlicher Natur, in jedem Fall ist es für den Betroffenen notwendig, sich mit der individuellen Ursache auseinanderzusetzen. Leider kommt es auch im Jahr 2023, in einer Zeit von Feminismus und Body Positivity, noch regelmäßig dazu, dass den Frauen die Schuld an der fehlenden Erektion des Mannes gegeben wird. 

Zu fett, zu wenig Lust, zu unattraktiv, zu langweilig, zu unsexy, zu prüde, zu unmotiviert - die Liste an möglichen Vorwürfen an die Frau, weshalb es bei Männern im Bett nicht mehr läuft, ist lang. In Zeiten von sexualisierter Werbung, Pornografie auf Knopfdruck (in der nicht zu selten der Anschein erweckt wird, dass ohne flachen Bauch, gebleichten Anus, Schmolllippen und Dauer-Libido an Sex nicht auch nur zu denken ist) und toxischen Männlichkeitsidealen sind auch Anschuldigungen an Frauen bei fehlendem Techtelmechtel nicht weit. Doch wie berechtigt sind diese Anklagen? 

Sexfrust statt Sexlust - Neue und alte Beziehungen

Der allgemeine Tenor scheint an vielen Stellen zu sein, dass Frauen einfach weniger Lust auf Sex haben, insbesondere im Alter und in langen Beziehungen. Können die Zahlen das bestätigen?

In einer Studie der Southampton University unter 4.839 Männern und 6.669 Frauen im Alter zwischen 16 und 74 Jahren, veröffentlicht im British Medical Journal, wurde festgestellt, dass sowohl Frauen als auch Männer im Laufe der Zeit weniger Verlangen nach Sex haben - aber zu unterschiedlichen Zeitpunkten. Wo 34% der Frauen bereits nach einem Jahr fester Beziehung weniger Lust haben, ist dies nur bei 15% der Männer der Fall. Frauen gaben an, im Alter zwischen 55 und 64 Jahren am wenigsten Interesse an Sex zu haben. Nun mag der eine oder andere behaupten, dass die Wechseljahre hiermit zu tun hätten. Doch die Forscher warnen vor diesem Rückschluss. Denn im Rahmen der Studie gaben zwei von fünf älteren Frauen an, dass sich vor allem zunehmender Stress und Druck des Familienlebens und der Arbeit negativ auf ihr Sexualleben auswirken würden. 

Auch im Jahr 2023 wird der Löwenanteil der Tätigkeiten im Haushalt und bei den Kindern von den Müttern übernommen. Viele männliche Partner gehen mit Selbstverständlichkeit davon aus, dass ihre Frauen diverse Rollen übernehmen und konstant erfüllen. Die Mehrfachbelastung kann überfordernd sein und Frauen verlieren nicht selten den Fokus auf sich selbst. Die Erwartung gleichzeitig Mutter, Partnerin, Haushälterin, Putzfrau, Organisationstalent und darüber hinaus noch Sexbomb zu sein, ist verständlicherweise für die meisten unrealistisch. Ganz zu schweigen von der fehlenden Zeit, Hobbies zur Selbstverwirklichung nachzugehen oder einen Sport auszuüben, um den Körper und Geist fit zu halten.

Laut den Ergebnissen der Studie nimmt die Lust am Sex besonders bei Frauen, die innerhalb des letzten Jahres ein Kind bekommen oder Nachwuchs im Alter unter fünf Jahren haben, ab. Die daraus resultierenden Folgen wie Müdigkeit, Stress und die Pflege des Kindes (die zumeist noch größtenteils bei der Frau liegt) würden dazu führen, dass das sexuelle Verlangen deutlich abnimmt. Mütter von Neugeborenen oder jungen Kindern richten ihren Fokus in dieser Zeit mehr auf die Erziehung und Pflege der Kinder als auf den Partner. Nicht zu verachten sind auch die weiteren angegebenen Gründe für Unlust auf Sex wie fehlende emotionale Nähe, Kommunikationsprobleme in der Beziehung und gesundheitliche Probleme.

Beziehungen sind Arbeit und die romantische “Honeymoon Phase" ist nach einiger Zeit vorbei. Der Alltag setzt ein und vieles wird selbstverständlich genommen. Doch auch in jahrelanger Ehe ist es förderlich, die Romantik und Wertschätzung nicht außer Acht zu lassen. Wer sich gesehen und begehrt fühlt, hat auch mehr Lust, sich sexuell und intim auszuleben. 

Eingeschlafenes Sexleben - Es gehören immer zwei dazu 

Es ist leicht gesagt mit dem Vorwurf, die Frauen würden “sich ja keine Mühe mehr geben” oder "sich gehen lassen” und “nicht mehr attraktiv genug” sein. Hier ist es wichtig, mal genauer hinzuschauen, sich zu fragen, woher diese Vorwürfe und Annahmen kommen - und sich an die eigene Nase zu fassen. Wie viel Mühe gibt man sich selbst, damit sich die Partnerin sexy und begehrt fühlt, um Lust auf mehr zu machen? Wie viel Zeit und Arbeit investiert man in seinen eigenen Körper, um attraktiv für seine Partnerin zu sein? Und wie zeigen sich die letzten Jahre und zum Altern natürlich gehörenden Veränderungen am eigenen Körper?

Veränderungen in Geist und Körper sowie in der Beziehung und dem gemeinsamen Sexleben sind mit der Zeit völlig normal. Die Erwartungshaltung an ein erfüllendes Sexleben muss vermutlich angepasst werden, denn mit 50 wird man ziemlich sicher anderen Sex haben als mit 20. Und das ist okay. Auch wenn die Darstellung von Sexualität in vielen Medien und gerade in Pornografie nicht zu selten etwas anderes behauptet. 

Allein in Deutschland leiden 6 Millionen Männer an Erektionsstörungen. Die Gründe dafür sind vielseitig und teilweise schwierig zu diagnostizieren:

  • Schlechte Ernährung und damit zusammenhängende Gewichtszunahme 

  • Vorerkrankungen wie Diabetes

  • Schlechter Lebensstil mit regelmäßigem Alkohol-, Zigaretten-  oder Drogenkonsum

  • Herz-Kreislauf-Erkrankungen

  • Nutzung von Steroiden

  • Alltagsstress ohne die Möglichkeit auf Ausgleich (“Me-Time”)

  • Erwartungsdruck auf die sexuelle Performance

  • Fehlende körperliche Fitness

Wenn die Anziehungskraft erlischt

Bei allem Aufzählen von Gründen, weshalb es nicht an der Frau liegt, darf natürlich auch eine weitere natürliche Entwicklung in einer Beziehung nicht vergessen werden: Man verliert schlichtweg die Anziehung zueinander - und in manchen Fällen auch die Liebe. In solchen Fällen ist es wichtig, sich bewusst zu machen, ob man eine Zukunft in der Beziehung sieht. Wenn ja, empfiehlt sich eine Paartherapie, um unbewusste, aber auch bewusste Konflikte zu besprechen und zu lösen. Wie bereits erwähnt: Beziehungen sind Arbeit. Doch in vielen Fällen ist es die Mühe wert und der Spruch “Erst die Arbeit, dann das Vergnügen” wird wortwörtlich wahr. 

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